Politologe Filzmeier über die Demokratiewerkstatt

Montag, Februar 7th, 2011
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Demokratiewerkstatt für Österreich

Der Politologe Peter Filzmaier analysiert in den OÖNachrichten regelmäßig das politische Geschehen in Österreich.

„Kolumnen sind ein Meinungselement, doch soll man selten private Erlebnisse breittreten. Das geht auf Kosten des analytischen Gesamtzusammenhangs. Ein Kulturjournalist etwa darf nicht infolge einer badewannigen Hörfreude bei ansonsten gesanglicher Grausamkeit tolle Opernbewertungen abliefern. Sportreporter können ungeachtet ihrer Emotionen für rot-weiß-rote Nichtsieger objektiv schlechte Plätze nicht ignorieren. Aufgrund der summarisch ebenso wenig begeisternden Performance der österreichischen Demokratie müsste daher jedweder Jubel des Politologen über als Privatperson erfahrene Politikprojekte unterbleiben. Doch es ist erlaubt, Positives aus der politischen Bildungsarbeit zu loben. Auch wenn das Lob auf dem Erleben der eigenen Tochter und deren Freundinnen beruht.

Im Zeitalter des Dauerschimpfens über Nationalräte und Politiker aller Art versucht das Parlament unverdrossen, jungen Menschen die Demokratie näherzubringen. Das geschieht schon durch Gebäudeführungen für Kinder, welche es jenseits von Architektur und juristischer Langeweile schaffen, Neugier für die Demokratie zu wecken. In der Demokratiewerkstatt gelingt es, Acht- bis 14-Jährigen zu vermitteln, wie komplex und umstritten sowie hoffentlich dennoch auf demokratischem Grundkonsens beruhend Politik ist. Das Themenspektrum reicht von Vergangenheitsbewältigung über Medienmanipulation bis zur (Wahl-)Beteiligung. Gemeinsamer Nenner ist die Begeisterung der Jungteilnehmer. Zu den Kritikpunkten zählt nur, warum die Kinder zum Parlament pilgern und es nicht zahllose Parallelprojekte vor Ort gibt. Das würde eine Selbstauswahl von Teilnehmenden verhindern, welche ohnehin interessiert sind. Politische Bildung muss dorthin gehen, wo sie weh tut. Also zu sozialen Brennpunkten der offenen Jugendarbeit, deren Vertreter mit knappsten Ressourcen kämpfen. Erwachsene haben sich übrigens den Forderungen ihrer Sprösslinge zu stellen, wonach man Mama und Papa politisch mitbilden sollte. Wir schimpfen über den Politikfrust der Jugend und zeigen wenig Bereitschaft, unsere Wissensdefizite einzugestehen und auszugleichen. Gleichzeitig erwarten wir von Kindern halbwegs seriöse Umgangsformen und pflegen selber bei berechtigten Vorwürfen an die Politik einen Sprachstil, der die ärgsten Radaubrüder zum Erröten bringt. Die Jenseitigkeit von aller Sachlichkeit gilt noch mehr für Politiker, welche als Gesprächspartner in besagter Werkstatt komplett anders sind als im Alltagsgezänk.Von den in der Demokratiewerkstatt lernenden Kindern gibt es demnach für ganz Österreich viel zu lernen.

PS: Zufällig deckt sich obige Privaterfahrung mit Studien zur Politischen Bildung. Diese kann nicht früh genug beginnen. Ängste vor einer Indoktrinierung der Kleinsten sind Unsinn. Im Kindesalter finden demokratische Prägungen statt, oder eben nicht. Nicht zufällig sind eine demokratieskeptische Problemgruppe jene jungen Erwachsenen von 20 bis 30 Jahren, die nie Demokratieerziehung erlebt haben.“ (OÖNachrichten 07. Februar 2011)

Das Ziel der Demokratielandschaft ist es, mit den Projekten wie der „Demokratiewerkstatt“, „Kinderstadt“ und anderen mobilen partizipativen Projekten auch in anderen Einrichtungen außerhalb des Parlaments Kindern und Jugendlichen Demokratie näherzubringen.

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